Lin

von István Rudas © 2022

Ray erwachte aus einem sehr netten Traum. Er war richtig gut ausgeschlafen, fühlte sich ungemein erfrischt und streckte sich. Auf dem Stuhl lag seine Hose, Unterwäsche und ein T‐Shirt, das er sehr oft trug. Seine Turnschuhe wirkten wie neu. Er sah genau hin: es war alles neu, Turnschuhe, Hose und T‐Shirt. Beeindruckend, was die konnten! Er zog sich rasch an und ging in den Nebenraum. Der Tisch war gedeckt, Frühstück wie zuhause. Er frühstückte in aller Ruhe und rauchte eine Zigarette, dann sah er sich wieder das Modell seines Raumschiffes an. Er ließ die Kamera wieder in den Thronsaal hineinschweben. Er wußte, daß die Kamera keine Kamera war, sondern etwas sehr ausgefeiltes, für das er kein Wort kannte. Neben dem Thronsaal war die Kommandozentrale eingerichtet. Er ließ die Kamera hineinschweben und stellte zu seiner Verwunderung fest, daß alles in Bewegung war, Teile entstanden aus dem Nichts und wurden von unsichtbaren Händen eingesetzt. "Es ist kein Modell, es ist die echte Kommandozentrale, die gerade eingerichtet wird!" wisperte die Stimme in seinem Kopf. Ray rieb sich die Augen. "Das ist alles schon echt?" Die Stimme schwieg und gab ihm Zeit.

Er griff zum Holzkistchen und nahm sich noch eine Zigarette, schenkte sich Kaffee ein und blickte auf.

Sie stand lächelnd unter der Tür. Er erkannte sie sofort, das Mädchen aus dem Video. Sie war viel jünger als er, höchstens 20. Rank und schlank mit wunderschönen schwarzen Haaren, die bis zu ihren Hüften reichten. Er betrachtete ihr schön geschnittenes Gesicht, die vollen Brüste unter dem durchscheinenden Sommerkleid und ihre schlanke Statur. Sie trug keine Unterwäsche, das fiel ihm sofort auf. Er lächelte zurück.

"Komm näher", bat er und beobachtete sie, wie sie mit grazilem Gang zu ihm kam und vor ihm ruhig stehen blieb. Er legte seine Hand auf ihren Rücken und ließ es auf ihren kleinen Hintern rutschen. "Kennst du mich?" fragte er und sie antwortete: "Ja, natürlich, du bist mein Mann, Ray!" Sie hatte eine sehr angenehme, volle Stimme. Ihre schönen Mandelaugen ruhten auf ihm. "Wie willst du mich nennen?" fragte sie und sah ihn erwartungsvoll an. Die Gedanken purzelten in seinem Kopf, er hatte in der Karibik eine Urlauberin aus China gehabt, sie war toll und sehr beeindruckend im Bett und ging ihm seither nicht mehr aus dem Sinn. Die hieß Lin.

"Lin" sagte er einfach und sie nickte, "Lin, wie der Edelstein!" Er ließ sie neben sich setzen und griff nach ihrer Hand.

"Möchtest du meine Frau sein, Lin?" fragte er leise und sie nickte und küßte ihn auf die Wange.

"Ja," sagte sie lächelnd, "darum bin ich ja hier!" Sie lehnte sich an ihn. Er schenkte eine zweite Tasse Kaffee ein und bot ihr eine Zigarette an. Sie tranken und rauchten schweigend.

"Soll ich dir mein Raumschiff zeigen?" fragte er und sie schüttelte den Kopf. "Ich kenne es ganz genau, wir haben es ja gemacht" sagte sie und ihm wurde klar, daß er durch sie mit den Jareel sprach. "Ich möchte in die Kommandozentrale gehen und mich mit den Geräten vertraut machen." Lin nickte und folgte ihm. Sie ließen sich von der Kamera in die Kommandozentrale bringen und verbrachten den Großteil des Tages vor den Konsolen. Lin konnte ihm alles erklären wie der kompetenteste Ingenieur. Sie umschrieb ihm die teils schwer verständlichen Begriffe in Begriffen seiner Welt und blieb geduldig, wenn er etwas nicht auf Anhieb verstand. Er war Jurist und kein Kampfpilot, das war ihm klar. Trotzdem übte er stur weiter, versuchte sowohl die Spracheingabe wie auch die manuellen Kontrollen zu bedienen. Lin war eine sehr gute Lehrerin, geduldig erklärte sie wieder und wieder, wie es eigentlich funktionierte. Er brauchte eine Pause, einen Kaffee und eine Zigarette. Wortlos erhob sich Lin und servierte. Sie übten weiter, bis er Hunger bekam. Was er gerne essen wollte, fragte Lin und er dachte nur kurz nach. "Steak mit Pommes und Salat wie gestern" sagte er, "und nachher ein Vanilleeis mit Schlagsahne". Sie nickte, "Wir essen in 10 Minuten, trinken wir vorher noch einen Aperitif?"

Sie tranken einen Martini und sprachen über ihre Situation. Er sagte, daß er leider nicht geduscht sei, er hatte in der Früh kein Badezimmer gefunden. Sie lachte glockenhell und kraulte seine Haare. "Das Badezimmer ist direkt am Kopfende des Bettes," sagte sie, "du kannst ja vor dem Schlafengehen mit mir duschen, wenn du magst!" Sie lächelte fein, denn es war ihr nicht entgangen, daß er das Abendessen am liebsten übersprungen hätte. Doch der Tisch war gedeckt, das heiße Steak wartete auf sie. Nach der Nachspeise ließ er sich von Lin einen Espresso servieren und sie rauchten und plauderten quietschvergnügt.

Lin stand auf. "Gehen wir duschen?" fragte sie neckisch und er folgte ihr. Sie duschten und plantschten fröhlich, dann legten sie sich in das Bett. Die Jareel hatten vorzüglich gearbeitet, Lin war die Summe aller schönen Erinnerungen.